Nach 10 Tagen Fahrt und x-tausend Höhenmetern sind wir in Litang angekommen. Das liegt auf 4100müm und bietet wiederum eine wunderschöne Klosteranlage und einen Sky burial place, die wir heute besichtigt haben.
„Sky burial“ – Himmelsbestattung, ist ein altes, traditionel tibetisches Ritual, wo der Leichnam auf einem vorgesehenen Ort zerstückelt und so den Geiern zum Frass vorgeworfen wird. Man streitet sich jedoch darüber ob die Zeremonie aus religiösen Überlegungen durchgeführt wird oder aus rein praktischen Gründen, da der Boden auf über 4000müm zu hart für ein Begräbnis ist und für eine Feuerbestattung schlicht das Brennholz fehlt.
Die Bevölkerung in Litang besteht zu 94% aus Tibeter und ist ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt in alle vier Himmelsrichtungen. Hystorisch hat die Stadt jedoch Ruhm erlangt durch die Geburten des 7ten (1720 – 1757) und des 10ten (1826 – 1837) Dalai Lama. Der Dalai Lama wird gerne als Oberhaupt der buddistischen Religion dargestellt, diese Stellung hat aber der Ganden Thripa inne. Der Dalai Lama ist die Reinkarnation einer Bodhisattva, eines erleuchteten Wesens, welches unter dem Name Avalokiteshvara als Schutzpatron des Landes Tibet gilt. Der heutige Dalai Lama, Tenzin Gyatso ist der 14te, 81 Jahre alt und wurde 1989 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
Chengdu verliessen wir bei Nebel und echt trübem Wetter. Unsere Fahrräder laufen nach den getätigten Reparaturen und Check-ups aber wieder wie geschmiert. Am ersten Tag verlief die Strasse noch geradeaus durch die Aussenquartiere von Chengdu, ein Dorf dem nächsten folgend und dazwischen Ackerlandschaften ohne Ende. Auch am zweiten Tag war der Himmel bedeckt und eine leichte Depression kam auf, zumal es am Nachmittag auch noch zu regnen began. Jedoch die Gegend wertete alles auf, denn wir fuhren durch Bambuswälder, den grünen Reisfeldern entlang und passierten typische chinesische Dörfer, die uns sehr gut gefielen. So sagte ich, sieht doch China aus und nun endlich durften wir dies auch mit eigenen Augen betrachten… halt bei Regen, aber was solls.
Ab dem dritten Tag war uns die Sonne eine treue Begleiterin. Da aber began auch der eigentliche Krampf. Wir überquerten mehrere Pässe über 4000müm und dabei waren es Anstiege über kurze Distanzen aber gleich locker um die 1000 Höhenmeter. Dazu war der Verkehr auf dem Abschnitt Ya’an – Kangding sehr anstrengend. Der Gütertransport nach Lhasa ist vorwiegend auf der Strasse und geht über diesen Abschnitt. Zudem haben die Trucks und Busse eine nervtötende Angewohnheit immer und überall zu hupen und diese sind sicher über 100dB laut.
Zum Glück gab es aber immer genug Wassertankmöglichkeiten, zur Mittagszeit eine Nudelbeiz und abends ein passendes und günstiges Bettchen um die müden Glieder auszustrecken. Drei Mal haben wir unser eigenes Zuhause, das Zelt aufgebaut, da es einfach keine andere Lösung gab. Da gibt es keine warme Dusche, aber immer ein leckeres Abendessen von meinem Starkoch Pädu geköchelt. Die Nächte im Zelt waren kalt, am Morgen die Zeltwände vereist. Jedoch ab 7.30 strahlte die Sonne und wärmte unsere kalten Glieder und heizte den Pelz auf.
Die Strecke Chengdu – Lhasa, auch genannt Sichuan-Tibet-Highway ist auch unter chinesischen Tourenfahrer sehr beliebt, vergleichbar mit den Europäern, die den Jakobsweg begehen. Die Chinesichen Kollegen haben meist light weight, also viel weniger Gepäck als wir und hüpfen nur so die Pässe hoch. Die obligaten Gespräche unter Velöler erstickten jedoch jedesmal nach dem ersten „Ni-hau“ (chinesisch für Hallo), denn dann war unser Wortschatz bereits zu Ende. Auf der Strecke zum höchsten Punkt hatten wir zwei treue Begleiter die uns dann aber „ohne Worte“ wertvolle, moralische Unterstützung boten.
Der Sichun-Tibet-Highway, unter der ofiziellen Bezeichnung G318, verläuft über eine Länge von 5’476km von Shanghai bis an die Nepalesische Grenze, wobei der Abschnitt Lhasa-Katmandu besser als Friendship-Highway bekannt ist. Die G318 ist einer der weltweit längsten, durchgehend nummerierten Strassen, hat vier Pässe über 5000müm und eine Brücke mit 472m, welche derzeit als die Höchste gilt.
Ermüdungserscheinungen zeigten die Beine so am 7/8 Tag. Als sich eine Mitfahrgelegenheit mit einem Kleinbussli bot, nahmen wir diese gerne an. Also wir geben gerne zu, ca. 500 Höhenmeter wurden wir ausnahmsweise transportiert.
Die Gegend in der wir nun stecken ist einfach herrlich. Die weite, zur Saison bräundliche Grass-/Hügellandschaft mit stahlblauem Himmel, ab und zu mal eine Wolke und überall strahlende Tibeter, die uns „Taschidele“ = Guten Tag, Wie geht’s, Hallo, bedeutet fast alles… zurufen – stellt auf und spornt an weiter zu strampeln. Hier oben, permanent über 4000müm und keine höheren Berggipfel weit und breit die einem die Sicht versperren, hat man das Gefühl effektiv auf dem Dach der Welt zu sein.
Wir sind auch essenstechnisch froh, wieder im Tibetenland zu sein. Obschon uns die chinesische Küche sehr gut mundet, hatten wir doch ein paar Erlebnisse damit. So assen wir vom Kuhmagen über Lebern bis hin zum Schweinedarm alles, ohne beim Bestellen zu wissen was da daher kommt. Sehr gut gewürzt geht jedoch alles runter.
Hier in Litang verlassen wir nun den Sichuan-Tibet-Highway und radeln weiter Richtung Süden nach Shangri-La. Eigentlich planten wir hier nur einen Ruhetag, jedoch beim gestrigen Besichtigungsrundgang des Klosters bemerkten wir, da wird mehr benötigt. Die Beine sind schwach, der Kopf ist müde und der Magen knurrt immer und immer wieder.
Also liebe Leute unsere Reise wird erst morgen weiter gehen. Könnt gespannt sein, die Höhenmeter nehmen nur ein bisschen ab 😜😅.
„Taschidele“,
Körndle & Patrik
29. Oktober 2016 at 19:37
So wie das sich liest, war dieser Reiseabschnitt euch gelegen, wenn auch die Anstrengungen gross waren. Auf dem Dach der Welt in reiner Luft und freier Fahrt sich zu bewegen, muss ein einmaliges Erlebnis sein. Der Kontrast der Bilder ist eindrücklich: die Weite und Einfachheit der Landschaften kontrastieren mit dem Bild des Dorfes und dem der ausgelegten bunten sakralen Gegenstände. Übrigens, der Dalai Lama war zu Besuch in der Schweiz. Kein offizieller Empfang zwar, wegen Rücksichtnahme auf China, aber ein Besuch im Haus der Religionen in Bern, wo ihn doch der gesamte Gemeinderat begrüsste. Er ist immer noch eine eindrückliche Figur mit einer klaren Mission, und angesichts des bereits hohen Alters, wirkt er sehr präsent.Zu euren Chinesisch Kenntnissen kann ich gleich noch etwas beisteuern (aus den Notizen meiner Chinareise):
– Ni hao ma? wie geht es ihnen?
– Hen hao – mir geht es gut – Yen hen hao – mir geht es ebenfalls gut
– Wo jiao od. wodaminduschi – ich heisse…
– XieXie (schie schie)- Danke
– Zai jian (zai tschien) – auf Wiedersehen
Die Erklärung der Art und Weise, wie sie Leichen bestatten leuchtet aufgrund der klimatischen Bedingungen ein, ist aber schon etwas makaber.Vielleicht besteht eine religiöse Beziehung zu den Geiern, was die Geschichte dann noch etwas runder werden lässt.
Was uns erstaunt: auf den Bildern sehe eure Räder immer noch aus wie bei der Wegfahrt in Grafenried, und das Zelt, als wäre es für eine Ausstellung. Ihr habt ganz offensichtlich gut gewählt, und habt damit immer auch ein Stück Qualität aus der Schweiz bei euch. Gute Fahrt und bis bald
Liselotte und Paul
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31. Oktober 2016 at 16:52
Hoi zäme, ihr müsst ja langsam Beinmuskulatur haben wie einst Arnold Schwarzenegger.( Arni ) und beim lesen über die Bestattung der Leichen, phu da schaudert es mir doch ein wenig. Hitchcock lässt grüssen ( ist als Spass gemeint ) Und wenn ich denke dass ich über 4000müM Biken müsste, na ja geht bei uns eh nicht. Der Jura ist gottseidank nicht so hoch. Alles Gute, Alf
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