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Mit Sushi und Schafspelz

Aufbruch zu neuen Horizonten

Monat

September 2017

Das Land mit dem Bruder den niemand will

Angekommen in Busan verweilten wir hier ganze 6 Nächte. Nicht das die Stadt super interessant wäre, aber bei Chris wars einfach zu gemütlich. Er ist ein Gastgeber der speziellen Art. Besitzer eines englischen Passes, spricht mit amerikanischem Akzent, ist fliessend in Französisch und nach 10 Jahren in Korea nun auch in Koreanisch. Was er ursprünglich gelernt hat wissen wir nicht, unterrichtet heute aber an der Uni in Busang Englisch. Während den Schulferien, Januar-Februar, segelt er in den grossen Ozeanen und im Juli-August verbringt er irgendwo Fahrradferien. Sein Zuhause teilten wir mit Roman und Elodie. Zwei Fahrradreisende aus Frankreich. Elodie liess sich für 2500 Euro die Augen lasern. Extrem preisgünstig, letzter technologische Wissensstand und top Qualität. Überlegt haben wir es uns, jedoch schnell verworfen. Wir wollten kein Risiko eingehen, mit Sonne und täglich Wind im Gesicht ist nicht zu Spassen.

Die Weiterreise führte uns über einen sehr gut unterhaltenen Radweg entlang des Nakdong Flusses ins Inland Südkoreas. Über diesen Radweg (4-Flüsse-Radweg) gelangt man von Busan bis nach Seoul. Zeltplätze mit Toiletten und Duschen sowie Fahrrad Pump- und Mechstationen sind reichlich vorhanden. Ja, diese haben teilweise bereits das Niveau von Autobahnraststätten, mit kleinen Shops und Imbissständen. Wir nennen diese Velobahnraststätte 🙂 . 

Die Koreaner fürchten die Sonne, helle Haut ist ein Schönheitsideal (dunkle Haut zeugt von Feldarbeit und signalisiert Armut). Die uns entgegen kommenden Radfahrer sind alle von Kopf bis Fuss verhüllt. Wir hätten bei knapp 30 Grad nicht nur eine Wallung geschwungen, nein wir wären kollabiert. Da in Korea die Etikette sehr wichtig ist, wird nur in den neusten und teuersten Radklamotten geradelt. Und wir staunen auch nicht selten über die Hightech-Räder welche hier ausgefahren werden. 

Der dritte Tag führte in die Berge. Wiederum erwarteten uns Anstiege mit bis zu 11%. An einem der eingelegten Rasts bergauf, wurden wir von einem Obstbauer mit Äpfel beschenkt. Ob aus Mitleid oder reiner Gastfreundschaft wissen wir nicht, ist jedoch egal. Die Koreaner sind extrem freundlich und die Gastfreundschaft wird hoch geachtet. Man respektiert das Eigentum anderer Leute und Vandalismus ist schlichtweg unbekannt. Gerade dieser Punkt gibt uns immer wieder zu Denken, beachtet man die Schäden welche in Europa durch Vandalismus entstehen. Nicht nur bezahlt der Steuerzahler die Reparatur, fast noch ärgerlicher ist, wenn man z.B. eine öffentliche Toilette benutzten will und diese dafür aber schlicht nicht mehr zu gebrauchen ist. 

Wir erreichten den Zeltplatz im Gayasan National Park verschwitz und mit müden Oberschenkeln und freuten uns auf eine warme Dusche. Bezahlen mussten wir den Hochsaisontarif (waren die einzigen Gäste), zu unserem Unglück gabs nur kalt Wasser und zum ersten Mal seit langem kamen unsere Daunenjacken wieder zum Zug. Es blies ein eher ungewohnt kühler Wind. Bereits am nächsten Tag wärmte die Sonne aber wieder vom stahlblauen Himmel. Unserer 5 stündigen Wanderung auf den GayasanPeak (1433müm) stand nichts mehr im Wege. Es waren rund 1000 Höhenmeter und das meist steil rauf und logisch wieder runter. Muskelkater war vorprogrammiert, und ja was für welchen. Die Aussicht in die sanft grüne Hügellandschaft mit den goldigen Reisterrassen war die Anstrengung aber allemal wert.

Eingebettet in dieselben grünbewachsenen Berghügeln steht die Tempelanlage Haeinsa, Aufbewahrungsort der Tafeln der Tripitaka Koreana, gegründet im Jahre 802. Das Unesco Weltkulturerbe bezeugt die Anwendung des ersten Gravur-Druckverfahrens zur Verbreitung der buddistischen Schrift. Dabei wurden die Holztafeln so raffiniert aufbewahrt, dass weder das Wetter, noch Nagetiere diesen über die Jahre etwas anhaben konnten.

Bei der Gemeindeverwaltung im letzten Ort Hwangsalli, liessen wir unser Gepäck stehen, zur Erleichterung unserer Beine, und nahmen die stündige Fahrradanreise zum Tempel „legere“ in Angriff. Schon fast per Zufall stellten wir fest, dass die Klosterküche auch für Gäste zugänglich ist. Da unsere Besichtigungszeit und unser Hunger (der eh omnipräsent ist) mit deren Essenszeit übereinstimmte (11:00 Lunch), genossen wir kostenlos ein köstliches Tempelmahl.

Die Gegend des darauf folgenden Nationalparks, Jirisan, ist bekannt für seine Wasserfälle. Wir liessen es uns nicht nehmen und planten den Besuch eines dieser Naturwunder ein. Der Wasserfall war enttäuschend, für unsere Begriffe eher ein Bergbach der sich über Steine den Weg sucht und dabei etwas plätschert. Mit uns besuchte auch eine koreanische Cargruppe diesen und machte gleich auf dem Parkplatz Mittagspause. Das war ein Gaudi. Dabei wird laute, traditionelle Musik gehört, Tische und Stühle inkl. Sonnensegel aufgestellt und feines Essen aufgetischt. Die Getränke dürfen natürlich nicht fehlen, wovon das meiste mit „Gügx“ getrunken wird. Dabei gibt es Bier, Makuli (Reisbier, 5-6%) oder Soju (klarer Reisbranntwein, 20%). Spontan landeten wir inmitten dieser Gruppe. Die darauf folgende Talfahrt war doppelt so rassant und auch nicht ungefährlich. Streifenhörnchen könnten die Strasse kreuzen, grosse Schilder warnen davor. Keine Bange uns passierte nichts dergleichen.

Die Reise von Busang bis in die Gegend Gochang dauerte 9 Fahrtage / 8 Zeltübernachtungen. Jeder einzelne Schlafplatz war ein Highlight. Wir nennen es gerne und zu Recht unser „Room with a view“. Die Temperaturen liessen es zu, meist nur das Innenzelt zu stellen und so geniessen wir die Aussicht durchs Netzfenster. Diese stellten wir meist unter eine der traditionellen Holzpavillions, welche in jeder Ortschaft stehen und von den Leuten für einen kurzen Schwatz tagsüber oder ein Picknick rege gebraucht werden. Das Gepäck und die Fahrräder stehen so dann im Freien und ungesichert. Aber Südkorea ist ein solch sicheres Land, wir hatten noch nie Bedenken.

Seit Dienstag, 26. September wohnen und arbeiten wir in Seongsong bei Mr. Choi und Mrs Lee. Da staunt ihr was! Mr Choi ist ein Gastgeber auf http://www.workaway.info. Körndle macht sich mit Holzfenster schleifen und Pädu als Elektriker an der Lichtinstallation nützlich.

Heute abend wird uns Orsi aus Ungarn mit einem Pörkölt (Gulasch und Spätzle) bekochen. Auch sie nutzt die Plattform workaway und bereist so Südkorea und Vietnam für die nächsten fünf Monate.

Unsere Weiterreise Richtung Seoul ist abhängig von der Arbeit. Ja genau! Sobald die Lichtinstallation hängt, wird wieder geradelt.

Aus Seoul werden wir wieder berichten. Seid gespannt.
Liebe Grüsse

Körndle & Patrik

Angekommen am östlichen Ende der Eurasischen Platte

Die letzten 3 Tage im Zug nach Vladivostok waren angenehm. Diesmal hatten wir unsere Betten übereinander und so immer einen Platz zum Sitzen. Einzige Hektik kam beim Laden der Bikes auf. Wie wir später herausfanden, hatten wir für die Strecke von Ulan-Ude nach Vladivostok für die Velos Tickets als Handgepäck gekauft. Und so mussten diese mit in das Abteil. Unser Glück war, dass wir im ersten Wagen gebucht waren uns so die Fahrräder bei der Tür hin zur Lok platzieren konnten, welche dauernd geschlossen war. Zwar ging auch dies nicht ohne Diskussionen, aber wir stellten einfach auf „ich nix verstehen“. 

Die Strecke selber ist abwechslungsreicher als der erste Teil nach Irkutsk. Lange fährt man einem breiten Fluss entlang, der sich durch bewaldete Hügel schlängelt. Eigentlich ist die ganze Gegend ziemlich feucht und moorähnlich, gespickt mit alten, verlassenen Fabriken, die von der guten alten Zeit des Kommunissmus zeugen. Die Ortschaften entlang der Strecke sind, wie man sich Sibirien vorstellt, liebloss, trist und am zerfallen. Da finde ich den Kommentar von Paul passend: „Man fragt sich, was dieses Land zusammenhält“.  

Vladivostok hat uns überrascht. Positiv. Eingebettet in Hügel mit Meer auf beiden Seiten, hat die Stadt fast schon einen mediteranen Flair. Man nennt die Stadt auch San Francisco des Ostens. Passt irgendwie, denn die Hängebrücken sind da und auch die alte Strassenbahn welche sich die steilen Strassen hinaufschlängel, fehlt nicht. 

1 1/2 Tage verbrachten wir in der Stadt, bevor die Fähre nach Südkorea auslief. John, unser Gastgeber, führte uns an die schönsten Plätze um den spektakulären Sonnenuntergang über der Stadt zu sehen. Ein fantastisches Abschiedsgeschenk um Russland zu verlassen. 

Am 30.08. um 14:00 legte unsere Fähre in Vladivostock ab. Mit uns an Bord viele Russen, Südkoreaner, Japaner und ein paar Europäer. Wir hatten unsere Kajütenbetten in einem grossen Schlafsaal, nach Geschlechter getrennt. Die meiste Zeit aber verbrachten wir in einem der Aufenthaltsräume, möglichst nahe dem Mittelpunkt des Schiffs. Zwar war die See nicht überaus unruhig, aber doch genug, dass man das Schaukeln fühlte. Abendbrot bestand aus letzten Einkäufe, welche wir noch in Russland tätigten. Hungerstillend, aber nicht gerade was man sich als Geburtstagsmenu vorstellt.

Donghae (Südkorea) erwartete uns bei strahlendem Sonnenschein und 27°. Die Einreiseformalitäten waren schnell erledigt, und wir berechtigt, uns 90 Tage im Land aufzuhalten. Da wir um die Mittagszeit ankahmen, war unsere erste Anlaufstelle ein Restaurant. An den Fakt, das wir mit den Leuten nicht kommunizieren können, haben wir uns bereits gewöhnt. So helfen uns Google Translate und Zeichensprache, an unser Ziel zu kommen. Auch in Südkorea brachte uns dies eine Nudelsuppe, nicht zu scharf gewürtzt und eine Karaffe gefiltertes Trinkwasse.

Unsere erste Destination war Samcheok, wo wir bei Allie und Joel übernachteten. 6 Tage liesen wir uns in Samcheok Zeit, um uns an die neue Umgebung zu gewöhnen. Nicht, dass Südkorea so speziell oder kompliziert wäre, im Gegenteil, aber wir brauchten einfach mal ne Pause. Zudem bietet das Land sehr viele Sehenswürdigkeiten. Hauptsächlich Buddistischen Glaubens, hat es viele Tempelanlagen. Die hüglige Landschaft bietet endlose Wandermöglichkeiten und versteckt darin einige der grössten Höhlen Asiens. 

Das must-to-see in Samcheok ist aber der Penispark. Ja, ein Park voller Statuen der Manneskraft. Dahinter steckt natürlich eine Geschichte. Eine unglückliche Jungfrau ertrank im Meer, nachdem sie von ihrem Mann auf einer kleinen Insel vergessen wurde. Aus Rache hielt sie die Fische im offenen Meer zurück, und die Fischer im Dorf gingen in den kommenden Tagen leer aus. Als ein frustrierter Fischer sich mit seiner vollen Mannspracht dem Meer zeigte, wurde er mit einem reichlichen Fang belohnt. Und so begannen die Fischer, Statuen des männlichen Geschlechtsteils zu schnitzen, worauf im Dorf wieder Normalität einkehrte. Und so steht dieser ominöse Park heute dort. Interessant ist zu beobachten, wie sich die ansonsten prüden Südkoreaner hinter vorgehaltener Hand amüsieren, um dann doch zu Erschähmen, wenn sie merken, dass man ihnen dabei zusieht.

Von Samcheok radelten wir Richtung Süden, immer der Küste entlang. In Südkorea darf man überall zelten, insofern man niemand dabei stört. Zudem hats in jedem Dorf mindestens ein Holzhäuschen, welches sich super als Unterstand eignet. Mit dem Meer vor der Haustüre und angenehmen 20°+ abends genossen wir unser tägliches Bad um die Strapatzen abzuwaschen. Denn tagsüber klettert das Termometer gerne nahe an die 30° Marke, wobei die Luft doch ziemlich feucht ist. Gepaart mit Anstiegen von gut und gern 12% treibt das einem doch den Schweiss auf die Stirn. Denn auch ohne hohe Berge kummulierten sich die Höhenmeter auf nahezu 1000m pro Tag.

Was uns in Südkorea jeden Tag wieder schockt, sind die Preise für Lebensmittel. 1kg Äpfel kostet 5.-Chf, 1kg Karotten ist 2.50 und 2kg Reis 5.- und mehr. 1 Liter Milch sogar fast 3.-, sowieso Milchprodukte sind rar und kostspielig. Einzig „So-Ju“, der lokale Reisschnapps, ist mit 1.50 pro Liter doch ziemlich günstig. Aber keine Angst, wir stellen nicht um auf flüssige Ernährung. 

Eigentlich beehrt uns die Sonne seit Ankunft in Südkorea täglich, ausser letzten Mittwoch, als ein Wolkenbruch sindflutartige Niederschläge brachte. Überschwemmungen im Süden und für uns eine Nacht im Motel, waren das Resultat. Von unserem trockenen Zuhause aus, erkundeten wir den lokalen Markt nach essbaren Leckereien. Was es mir besonders angetan hat, sind Reisküchlein gefüllt mit einer süssen Paste aus roten Bohnen. Hmmm. Ansonsten gibt es viel Fisch und Meeresfrüchte. Wobei auch Poulet ist beliebt aber teuer. Ein weiteres Highlight sind frische Sushirollen, die man für wenig Geld in jedem Tankstellenshop kriegt. 

Apropos Sushi, die Koreaner und die Japaner sind nach dem Pazifikkrieg nicht gerade beste Freunde. So findet man hier fast keine japanische Produkte. Eigentlich sowieso, wo Einheimisches vorhanden ist, wird Einheimisches gekauft. Auf den Strassen sieht man ausschliesslich Koreanische Marken und das Elektroniksegment wird dominiert von Samsung und LG. 
Bedenkt man, dass Südkorea (zusammen mit seinem nördlichen Namensvetter) in den 60er Jahren noch zu den ärmsten Länder der Welt gehörten, ist es wahnsinnig eindrücklich wie weit das Land heute fortgeschritten ist. Sicher haben die Amerikaner aus strategischen Überlegungen viel Geld ins Land gepumpt, die Koreaner verstanden es aber, dies nachhaltig zu investieren, damit eine solide Wirtschaft wachsen konnte.

Was uns auch gleich zum Thema Nordkorea führt. Was im Moment abgeht ist traurig aber hier schon fast Normalzustand. Informiert bei den lokalen Leuten, bestätigen die uns, dass Kim jedes Jahr im September seine Machtspielchen auf die Spitze treibt (Nationalfeiertag = 9.09.). Natürlich halten wir Augen und Ohren offen, wie es weitergeht zwischen Nordkorea und den USA, aber den Alltag dominieren lassen wir uns von diesem Thema sicher nicht.  

So sind wir nun in Busan, der drittgrössten Stadt des Landes, ganz im Süden. Hier wollen wir unsere Weiterreise organisieren, die Bikes wiedermal durchwaschen und revidieren und uns einfach ein paar Ruhetage gönnen.

Lieber Gruss, 

Körndle und Patrik 

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