Die letzten 3 Tage im Zug nach Vladivostok waren angenehm. Diesmal hatten wir unsere Betten übereinander und so immer einen Platz zum Sitzen. Einzige Hektik kam beim Laden der Bikes auf. Wie wir später herausfanden, hatten wir für die Strecke von Ulan-Ude nach Vladivostok für die Velos Tickets als Handgepäck gekauft. Und so mussten diese mit in das Abteil. Unser Glück war, dass wir im ersten Wagen gebucht waren uns so die Fahrräder bei der Tür hin zur Lok platzieren konnten, welche dauernd geschlossen war. Zwar ging auch dies nicht ohne Diskussionen, aber wir stellten einfach auf „ich nix verstehen“.
Die Strecke selber ist abwechslungsreicher als der erste Teil nach Irkutsk. Lange fährt man einem breiten Fluss entlang, der sich durch bewaldete Hügel schlängelt. Eigentlich ist die ganze Gegend ziemlich feucht und moorähnlich, gespickt mit alten, verlassenen Fabriken, die von der guten alten Zeit des Kommunissmus zeugen. Die Ortschaften entlang der Strecke sind, wie man sich Sibirien vorstellt, liebloss, trist und am zerfallen. Da finde ich den Kommentar von Paul passend: „Man fragt sich, was dieses Land zusammenhält“.
Vladivostok hat uns überrascht. Positiv. Eingebettet in Hügel mit Meer auf beiden Seiten, hat die Stadt fast schon einen mediteranen Flair. Man nennt die Stadt auch San Francisco des Ostens. Passt irgendwie, denn die Hängebrücken sind da und auch die alte Strassenbahn welche sich die steilen Strassen hinaufschlängel, fehlt nicht.
1 1/2 Tage verbrachten wir in der Stadt, bevor die Fähre nach Südkorea auslief. John, unser Gastgeber, führte uns an die schönsten Plätze um den spektakulären Sonnenuntergang über der Stadt zu sehen. Ein fantastisches Abschiedsgeschenk um Russland zu verlassen.
Am 30.08. um 14:00 legte unsere Fähre in Vladivostock ab. Mit uns an Bord viele Russen, Südkoreaner, Japaner und ein paar Europäer. Wir hatten unsere Kajütenbetten in einem grossen Schlafsaal, nach Geschlechter getrennt. Die meiste Zeit aber verbrachten wir in einem der Aufenthaltsräume, möglichst nahe dem Mittelpunkt des Schiffs. Zwar war die See nicht überaus unruhig, aber doch genug, dass man das Schaukeln fühlte. Abendbrot bestand aus letzten Einkäufe, welche wir noch in Russland tätigten. Hungerstillend, aber nicht gerade was man sich als Geburtstagsmenu vorstellt.
Donghae (Südkorea) erwartete uns bei strahlendem Sonnenschein und 27°. Die Einreiseformalitäten waren schnell erledigt, und wir berechtigt, uns 90 Tage im Land aufzuhalten. Da wir um die Mittagszeit ankahmen, war unsere erste Anlaufstelle ein Restaurant. An den Fakt, das wir mit den Leuten nicht kommunizieren können, haben wir uns bereits gewöhnt. So helfen uns Google Translate und Zeichensprache, an unser Ziel zu kommen. Auch in Südkorea brachte uns dies eine Nudelsuppe, nicht zu scharf gewürtzt und eine Karaffe gefiltertes Trinkwasse.
Unsere erste Destination war Samcheok, wo wir bei Allie und Joel übernachteten. 6 Tage liesen wir uns in Samcheok Zeit, um uns an die neue Umgebung zu gewöhnen. Nicht, dass Südkorea so speziell oder kompliziert wäre, im Gegenteil, aber wir brauchten einfach mal ne Pause. Zudem bietet das Land sehr viele Sehenswürdigkeiten. Hauptsächlich Buddistischen Glaubens, hat es viele Tempelanlagen. Die hüglige Landschaft bietet endlose Wandermöglichkeiten und versteckt darin einige der grössten Höhlen Asiens.
Das must-to-see in Samcheok ist aber der Penispark. Ja, ein Park voller Statuen der Manneskraft. Dahinter steckt natürlich eine Geschichte. Eine unglückliche Jungfrau ertrank im Meer, nachdem sie von ihrem Mann auf einer kleinen Insel vergessen wurde. Aus Rache hielt sie die Fische im offenen Meer zurück, und die Fischer im Dorf gingen in den kommenden Tagen leer aus. Als ein frustrierter Fischer sich mit seiner vollen Mannspracht dem Meer zeigte, wurde er mit einem reichlichen Fang belohnt. Und so begannen die Fischer, Statuen des männlichen Geschlechtsteils zu schnitzen, worauf im Dorf wieder Normalität einkehrte. Und so steht dieser ominöse Park heute dort. Interessant ist zu beobachten, wie sich die ansonsten prüden Südkoreaner hinter vorgehaltener Hand amüsieren, um dann doch zu Erschähmen, wenn sie merken, dass man ihnen dabei zusieht.
Von Samcheok radelten wir Richtung Süden, immer der Küste entlang. In Südkorea darf man überall zelten, insofern man niemand dabei stört. Zudem hats in jedem Dorf mindestens ein Holzhäuschen, welches sich super als Unterstand eignet. Mit dem Meer vor der Haustüre und angenehmen 20°+ abends genossen wir unser tägliches Bad um die Strapatzen abzuwaschen. Denn tagsüber klettert das Termometer gerne nahe an die 30° Marke, wobei die Luft doch ziemlich feucht ist. Gepaart mit Anstiegen von gut und gern 12% treibt das einem doch den Schweiss auf die Stirn. Denn auch ohne hohe Berge kummulierten sich die Höhenmeter auf nahezu 1000m pro Tag.
Was uns in Südkorea jeden Tag wieder schockt, sind die Preise für Lebensmittel. 1kg Äpfel kostet 5.-Chf, 1kg Karotten ist 2.50 und 2kg Reis 5.- und mehr. 1 Liter Milch sogar fast 3.-, sowieso Milchprodukte sind rar und kostspielig. Einzig „So-Ju“, der lokale Reisschnapps, ist mit 1.50 pro Liter doch ziemlich günstig. Aber keine Angst, wir stellen nicht um auf flüssige Ernährung.
Eigentlich beehrt uns die Sonne seit Ankunft in Südkorea täglich, ausser letzten Mittwoch, als ein Wolkenbruch sindflutartige Niederschläge brachte. Überschwemmungen im Süden und für uns eine Nacht im Motel, waren das Resultat. Von unserem trockenen Zuhause aus, erkundeten wir den lokalen Markt nach essbaren Leckereien. Was es mir besonders angetan hat, sind Reisküchlein gefüllt mit einer süssen Paste aus roten Bohnen. Hmmm. Ansonsten gibt es viel Fisch und Meeresfrüchte. Wobei auch Poulet ist beliebt aber teuer. Ein weiteres Highlight sind frische Sushirollen, die man für wenig Geld in jedem Tankstellenshop kriegt.
Apropos Sushi, die Koreaner und die Japaner sind nach dem Pazifikkrieg nicht gerade beste Freunde. So findet man hier fast keine japanische Produkte. Eigentlich sowieso, wo Einheimisches vorhanden ist, wird Einheimisches gekauft. Auf den Strassen sieht man ausschliesslich Koreanische Marken und das Elektroniksegment wird dominiert von Samsung und LG.
Bedenkt man, dass Südkorea (zusammen mit seinem nördlichen Namensvetter) in den 60er Jahren noch zu den ärmsten Länder der Welt gehörten, ist es wahnsinnig eindrücklich wie weit das Land heute fortgeschritten ist. Sicher haben die Amerikaner aus strategischen Überlegungen viel Geld ins Land gepumpt, die Koreaner verstanden es aber, dies nachhaltig zu investieren, damit eine solide Wirtschaft wachsen konnte.
Was uns auch gleich zum Thema Nordkorea führt. Was im Moment abgeht ist traurig aber hier schon fast Normalzustand. Informiert bei den lokalen Leuten, bestätigen die uns, dass Kim jedes Jahr im September seine Machtspielchen auf die Spitze treibt (Nationalfeiertag = 9.09.). Natürlich halten wir Augen und Ohren offen, wie es weitergeht zwischen Nordkorea und den USA, aber den Alltag dominieren lassen wir uns von diesem Thema sicher nicht.
So sind wir nun in Busan, der drittgrössten Stadt des Landes, ganz im Süden. Hier wollen wir unsere Weiterreise organisieren, die Bikes wiedermal durchwaschen und revidieren und uns einfach ein paar Ruhetage gönnen.
Lieber Gruss,
Körndle und Patrik
18. September 2017 at 11:34
Hallo Cornelia, hallo Patrik,
vielen Dank für Eure Karte aus St. Petersburg. Das hat mich sehr gefreut. Oft bin ich in Gedanken bei eurer Reise und lese den Blog sehr gerne. Sehr motivierend! Alles Gute für eure Weiterreise. Stay save, have fun!
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27. September 2017 at 12:01
So nahe beim Raketenmann, puh..da kribbels mir im Magen. Wünsche weiterhin gute Reise. Sehr spannende Reiseberichte. Danke liebe Grüsse
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