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Mit Sushi und Schafspelz

Aufbruch zu neuen Horizonten

Monat

Oktober 2018

Alle Trump(fe) ausgespielt

Die Freude des Wiedersehens war gross. Mehr als 6 Monate kommunizierten wir nur per Whatsapp, Telefon oder e-Mail. Und endlich war Cornelia wieder da, bei mir, am Reisen. Ich hätte nicht gedacht, dass ich sie so vermissen werde. 

Da ich bereits einen Tag vorher in Minneapolis eintraf, konnte ich unser Mietauto in Empfang nehmen und mich damit vertraut machen. Also nicht unbedingt mit dem Auto sondern mehr mit dem schnellen Vorwärtskommen. Nach so lange auf dem Fahrrad, musste sich mein Gehirn erst wieder an die Geschwindigkeit, mit der Dinge im Auto passieren/pressieren, gewöhnen. Eine kleine Delle gabs dann schon, aber wir waren gut versichert 🙂 .

Die ersten Tage waren wir bei Jon und Janet zuhause. Und dort durfte ich auch mein Fahrrad für die Tage mit Cornelia stehen lassen. Denn wir waren ja jetzt motorisiert. Mit dem Auto brausten wir tagsdarauf von Shoppingzenter zu Shoppingzenter. Amerika ist halt auch das Land des Shoppens und dem wollten wir folge leisten. Natürlich besuchten wir auch Downtown Minneapolis, doch ehrlich gesagt, gleicht die einte Grossstadt doch der Anderen.

Und so cruisten wir am Samstag Richtung Norden, zum Lake Supirior. Angekommen in Duluth, brauchten wir geschlagene 3h um eine bezahlbare Unterkunft zu finden. Tja, mit dem Velo ist das einfacher. Da sucht man sich ein Plätzchen im Wald, rollt das Zelt aus und gut ist. Aber vielleicht waren wir bei der Suche auch einfach etwas heikel, was Preis / Leistung angeht. Wobei man auch erwähnen muss, es war Wochenende und so einiges los im Ort. Ein Autorennen (Drag Car Race) über 1/4 Meilen, ein Bauernmarkt und ein Anglerwettbewerb zogen, nebst dem schönen Wetter, die Massen nach Duluth. 

Von nun an folgten wir dem nördlichen Ufer des Lake Supirior und überschritten recht schnell die Grenze nach Kanada. Da wir Zelt und Ausrüstung zum Campen mit hatten, wollten wir natürlich auch so unsere Nächte verbringen. Der erste Zeltplatz war ganz gediegen, direkt am See (leider war das Wetter zu kalt zum baden) mit Toilette und warmer Dusche. Für die zweite Nacht im Zelt entschieden wir uns bei einer Tankstelle den Stop einzulegen, was weniger romatisch war. Neben der Dauerbeleuchtung, hupten und brummten die Trucks die ganze Nacht über um unser Zelt herum. Aber die einmalige Landschaft aus Wald, Felsen, Natur pur und dem See entschädigte für vieles. Einzig die Wildtier liesen sich nicht blicken. Von Tag zu Tag wurde das Wetter wieder wärmer und so hielten wir immer mal wieder an um ein kühles Bad im See zu nehmen. 

Über Sault Ste. Marie gings zurück in die USA. Nun dem Südufer des Lake Supirior folgend fanden wir kurz darauf einen super schönen Sandstrand, menschenleer. Wir liesen uns nicht zweimal bitten, hüpften ins Badezeugs und ab in den See. Irgendwie waren wir aber schneller wieder draussen als drin. Nun wurde uns klar, wieso hier niemand baded. Das Wasser ist a***h kalt! So düssten wir weiter ins Städtchen Marquette. Eine idillische Altstadt (so alt es in Amerika halt sein kann), mit einer hässlichen Industriezone im Norden. In dieser Gegend wird immer noch viel Bergbau betrieben (Eisenerze). Cool war aber, das die lokale Brauerei am Freitag gerad ein neues Bier einweihte und wir so zu einem netten Konzert (mit leckerem Bier) kamen. 

Nun verliesen wir den See und querten Inland in die Iron Mountains. Eisen mag es da ja geben, aber Berge? Nun ja, wer die höchste Erhebung im Umkreis von 500km in seiner Gemeinde hat, darf wohl schon von Bergen sprechen. Oder macht es die Skisprungschanze aus? Und da wir schon mal in den Bergen waren, gingen wir natürlich Wandern. Mit Picknick und allem drum und dran. Nur eben, irgendwie fehlte der Hauptdarsteller im Film, die Berge eben.  

Weiter gings zum Lake Michigan und somit auch schon in die Zielgerade nach Chicago. Der See lud noch mal so richtig zum Baden ein. Denn obschon die Seen miteinander verbunden sind, ist der Lake Michigan doch etliches wärmer als der Lake Supirior. 

Habe ich vorher gesagt, alle Grossstädte gleichen sich? Nö, Chicago ist anders. Ist es die Metro, die nicht unterirdisch sonder im Obergeschoss fährt und man den Leuten direkt in die Wohnung schauen kann? Oder ist es weil man Al Capone hinter jeder Häuserecke erwartet? Egal, die Stadt ist grossartig und hat uns beiden sehr gut gefallen. 
Und dann hiess es am Flughafen bereits wieder Abschied nehmen. Cornelia düsste zurück in die Schweiz und ich nach Minneapolis. 

Der Sommer, so schien es, packte Cornelia auch gleich mit ins Gepäcke. Von nun an hielt ich die Regenjacke immer griffbereit. Oft für das Nass von oben, manchmal aber auch um der kalten Bise zu trotzen. Zum Glück fand ich immer wieder nette Leute, die mir einen Platz zum Übernachten anboten. Denn die Temperatur fiel in der Nacht teils sogar unter den Gefrierpunkt. 

Meine Route führte mich zurück nach Sault Ste. Marie und Kanada. Eigentlich wollte ich den Indian-Summer, mit der farbigen Blätterpracht erleben. Leider war oft das einzige Rot das ich sah, die Kaputze meiner Regenjacke. Ein Lichtblick war, als ich am Tag vor dem kanadischen Thanksgiving zum Abendessen eingeladen wurde. Das war ein Schlemmermahl, mit allem was dazugehört. Truthahn, Kartoffelstock, Gemüse, Cranberrysauce und natürlich Pumpkin-Pie zum Nachtisch. Und an diesem Abend lernte ich auch gleich meine Gastgeber bei den Niagara Falls kennen. Nachdem ich bereits in Toronto bei der Familie Agnew (Schwester von Mat aus Vancouver) 3 erholsame Tage ausspannen konnte, beherbergten mich Allain und Melanie für 2 Nächte. Somit konnte ich stressfrei die berümten Wasserfälle besuchen. Imposant, wie viel Wasser da jede Sekunde herunterfällt. Und für nordamerikanische Verhältnisse konnte man auch super nah an die Wasserfälle ran. Nicht verwunderlich, dass da jedes Jahr jemand unfreiwillig ein Bad mit Attraktion zu sich nimmt (leider meist das letzte für diese Person). 

Die letzten 900km auf nordamerikanischen Boden brachten mich nach Boston und somit an meine Enddestination auf dem amerikanischen Kontinent. Die Tage nach Boston waren durchzogen von sonnigem, kalten Wetter gespickt mit immer mal wieder etwas Niederschlag. Leider waren auch hier die Wälder noch nicht in der leuchtenden Farbenpracht, welche ich gerne gesehen hätte. Die Einheimischen machen sich sogar bereits Sorgen. Denn fallen die Blätter nicht vor dem Schnee, so brechen meist die Äste und diese fallen auf Stromleitungen oder Strassen was mit Ausfällen einherzieht. Meine Routenwahl führte mich hauptsächlich über Nebenstrassen und so war es ziemlich verkehrsarm. Denn mit der Nähe zu Boston merkt man, dass die Leute geschäftiger werden. Eine Hand am Steuer, die Andere am Telefon und der Kopf weiss ich nicht wo! Oder schnell noch bei Dunkelorange über die Kreuzung, man hat es ja pressant. Grossstadtfeeling halt. Oder fällt mir das nun einfach mehr auf?

Von Boston aus wurde ja das meiste der neuzeitlichen Amerikageschichte geschrieben. Sie ist eine der ältesten Städte Amerikas. Hier landeten die ersten Einwanderer aus England. Zudem spielte Boston eine entscheidende Rolle in der amerikanischen Revolution (Ende 17Jh.). Und diese Geschichte sieht man immer noch deutlich bei einem Besuch der Stadt. Was mich persönlich aber mehr beeindruckt, ist die dichte an Wissen in Boston. Mit Harward und dem MIT sind zwei der meist geachtetsten Hochschulen hier anwesend, neben zahlreichen anderen Campus. Bei einem Fussmarsch durch Harward spürt man regelrecht die geistliche Energie, die hier vorherscht. 

Blicke ich zurück, realisiere ich erst langsam, was für ne Distanz ich seit Alaska zurückgelegt habe. Klar es sind sicher gute 10’000km aber es sind vorallem die langen Gesichter der Leute, wenn ich ihnen von meinem Trip in Nordamerika erzähle, wo ich die Distanz wirklich erfasse. Im Gegensatz dazu, sage ich den Leuten, dass wir bereits in der Schweiz gestartet sind und ich um die Welt radle, dann erhalte ich von den meisten Amerikaner nur ein Nicken, denn sie verstehen gar nicht wie soetwas geht und/oder können sich gar nicht vorstellen was das heisst.  

Und so habe ich alle Karten in Nordamerika ausgespielt, die Kisten gepackt und sitze am Flughafen um den letzten Flug dieser Reise anzutretten. Ich freue mich riesig auf Lissabon. Zum Einten, weil ich da Cornelia wiedersehe und zum Andern einfach zurück in Europa zu sein, nahe an der Schweiz, nahe an der Heimat.

Lieber Gruss, Patrik

Cowboy, päng, päng !!!

Die Tage in Vancouver waren Erholung pur. Vielen Dank nochmals an die Familie Büchler. Doch so verlockend ein fixes Zuhause ist, meine Reise geht weiter. Das herrliche Sommerwetter machte es mir zum Glück einfacher, Aufwiedersehen zu sagen. 

Per Fähre ging es weiter auf die Insel Vancouver Island und runter in deren Hauptstadt, Victoria. Und ich muss sagen, dass Victoria wohl die schönste Stadt ist, welche ich seit langem beradelt habe. Oder in welch anderer Stadt der Welt landet man per Wasserflugzeug mitten im Zentrum?

Die zweite Fähre bedeutete dann auch gleich der Abschied von Kanada. Mit der Ankunft in Port Angeles betrat ich wieder die USA, genauer gesagt die Halbinsel Olympia. Bekannt für deren Regenwälder, wurde ich mit kaltem und feuchtem Wetter empfangen. Eine Verkäuferin an der Tankstelle darauf angesprochen, meinte sie, hier scheint die Sonne grad mal 30 Tage im Jahr. Regenwald, halt. 

Der Küstenabschnitt im Staat Washington war nun nicht gerade berauschend. Viel Holzindustrie und entsprechend Verkehr (LKW’s). Aber immer mal wieder ein Tankstellenshop, wo man für 2$ Kaffee und einen Donut kriegt. Und ich liebe Kaffee und Donuts. Ein Highlight war das gleichzeitig stattfindende Velorennen um die Halbinsel, wo der Einte oder Andere Teilnehmer Interesse an meinen Erzählunge fand. Und so entdeckte ich nach einem kurzen Pipistop eine frisch gebackene Cinnamonroll (Zimtschnecke) in meinem Helm, der am Lenker baumelte. Solche Gesten stellen auf.

Mit dem Erreichen des Staat Oregon wurde es dann etwas spannender an der Küste. Die Orte am Meer waren belebter und die Infrastruktur ausgebauter. Was aber wiederum das freie Zelten im Wald schwieriger machte. Nun gut, da bin ich ja nicht mehr so heikel. In der Nähe von Astoria durfte ich mein Zelt bei einem Farmer in den Garten stellen. Das Interessante an seiner Art zu Arbeiten war, dass er den Boden möglichst zu den gleichen Anteilen an Mineralstoffen hielt, wie der Menschliche Körper. D.h. er lies den Mineralstoffgehalt in der Erde messen und bereicherte dies mit fehlenden Elementen. Irgendwie unpassend dazu war dann seine politische Haltung. Denn dort lies er sich von Youtube sehr einseitig beeinflussen. 

An der Mündung des Fluss Columbia verlies ich die Küste um wieder in Richtung Osten zu radeln. So erreichte ich die Stadt Portland und damit stand mein nächster Ruhetag an. Interessant an den USA ist, dass jeder Staat seine eigene Regeln aufstellt was die Mehrwertsteuer (VAT) betrifft. So erhebt der Staat Washington 6.5% Taxen auf jeden Einkauf, und Oregon 0%. So ist Portland auch ein Shoppingparadies.

Weiter dem Columbia Fluss folgend, drehte das Thermometer nun so richtig auf. Bei tagsüber 40° plus, konnte ich nachts den Schlafsack irgendwo draussen hinlegen, ohne das Zelt zu stellen. Denn selbst den Mücken war es zu heiss. Mit der Hitze kamen aber auch die Waldbrände. Und so wurde mir der Blick auf die umliegenden Berge durch den Rauch meist verwehrt. Mir wurde gesagt, dass der Rauch sogar von Californien hoch oder Canada runter bis nach Oregon zieht. Die Brandgefahr war so hoch, dass ich es vermied, den Benzinkocher zu benutzen. So waren meine Malzeiten meist kalt (oder McDonald’s).

In Walla Walla beherbergte mich Jeff, ein ex. Air Force Soldat. Seine Geschichten über die aktive Zeit im Militär waren gutes Seemansgarn. In Kooskia fand ich Unterschlupf bei einer jüdischen Familie und wurde in deren Kultur eingeweiht. Und in Missoula schlief ich in einem Haus, das für jeden Durchreisenden offen stand. Genau das liebe ich an der Warmshowers Gemeinde, man lernt das Land von innen kennen. 

In Missoula war es dann an der Zeit, meinem Fahrrad wieder mal einen neuen Satz Kette und Kassette zu gönnen. Nach über 20’000km ein berechtigter Eingriff. So starteten mein Fahrrad und ich erholt und überholt in Richtung Bitterroot Tal und weiter zum Yellowstone Nationalpark. 

Von diesem Yellowstone NP habe ich verschieden Geschichten gehört. Von total überlauffen mit Touristen, gefährlich enge Strassen für Fahrradfahrer zu absolut spektakulärer Landschaft und Tierwelt war alles dabei. Um den engen Strassen vorzubeugen, packte ich eine grell, pink leuchtende Schwimmnudel hinten auf mein Fahrrad. Diese guckte auf der Seite der Autos ca. 30cm aus meinem Gepäck und gab mir etwas mehr Abstand zum vorbeifahrenden Verkehr. 

Uns so war ich bereit, die Schönheit dieses Parkes in vollen Zügen zu geniessen. Was man hier bestaunt sind Geisire, thermische Quellen, farbiges Vulkangestein und athemberaubende Canyons. Dazu kommt eine einmalige Tierwelt mit frei laufenden Buffalos, Bären, Hirsche, Elche, Karibus und tausenden von Eichhörnchen. Die zwei Tage welche ich im Park zeltete reichten bei weitem nicht aus um die ganze Schönheit dieser Gegend zu Erkunden. Aber im Gegensatz zu den, meist in Bussen, herangekarrten Touristen, fühlte ich mich zumindest freier.

Mit dem Yellowstone NP verliess ich auch die Rocky Mountains. Im Glauben, die steilen, langen Anstiege seien nun vorbei, radelte ich direkt in die nächste Bergkette, die Big Horn Mountains. Und bevor es dann doch flach wurde wollte ich dem Devils Tower noch einen Besuch abstatten. Dieser Teufelsturm steht, oder besser tront inmitten einer Hochebene, was anmut zur Spekulation gibt, woher diese Fellsformation stammt. Die Uhreinwohner galuben, dass sich die Erde erhob um ein Mädchen vor den Klauen eines Bären zu retten. Andere glaube es sei ein alter, versteinerter Strunk eines Mammutbaums. Und natürlich fehlen die Ufo-Beschwöhrer mit ihrer Version der Ausserirdischen nicht. Mein persönliches Highlight am Devils Tower war wiedermal die Unterkunft. So nächtigte ich bei Frank in seiner Lodge wo ich inmitten Kletterer und anderen Outdooraktivisten bestens aufgehoben war.

Noch ein nationales Monument stand auf dem Plan, der Mount Richmore. Da mir aber die Tage um nach Minneapolis zu radeln, langsam knapp wurden, schnappte ich mir kurzerhand den alten Toyota (Jarhgang 1990) meines Gastgebers in Spearfish und düste (oder besser tuckerte) hoch zum Mt. Rushmore. Irgendwie verband ich die vier in Stein gemeisselte Köpfe bereits seit meiner Kindheit mit Amerika. Und so war es ein spezieller Moment, endlich davor zu stehen.

Für die 900km nach Minneapolis hatte ich gerade mal noch 6 Tage. Denn am 5. September landete Cornelia in Minneapolis und ich hatte grosses Interesse (und auch einen gewissen Druck im Nacken) dann auch dort zu sein. Also, A-Backen zusammenklemmen und radeln was das Zeugs hält. Der Wind wollte mich zwar nicht gross unterstützen, aber das Wetter war bis auf den letzten Tag trocken. Und so erreichte ich Minneapolis müde aber glücklich, für die nächsten drei Wochen nicht mehr aufs Rad steigen zu müssen. 

Obschon unsere gemiensame Zeit bereits wieder zu Ende ist, vertröste ich euch mit den Erzählungen auf den nächsten Bericht. Das lest ihr, was wir gemeinsam so alles erlebt haben (oder vielleicht doch nicht alles 😉 ).  

Überings mein Flug nach Portugal ist gebucht. Am 25.10 fliege ich von Boston nach Lissabon und freue mich wieder europäischen Boden unter den Füssen zu haben. 

Lieber Gruss,

Patrik

 
  

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