Angekommen in Busan verweilten wir hier ganze 6 Nächte. Nicht das die Stadt super interessant wäre, aber bei Chris wars einfach zu gemütlich. Er ist ein Gastgeber der speziellen Art. Besitzer eines englischen Passes, spricht mit amerikanischem Akzent, ist fliessend in Französisch und nach 10 Jahren in Korea nun auch in Koreanisch. Was er ursprünglich gelernt hat wissen wir nicht, unterrichtet heute aber an der Uni in Busang Englisch. Während den Schulferien, Januar-Februar, segelt er in den grossen Ozeanen und im Juli-August verbringt er irgendwo Fahrradferien. Sein Zuhause teilten wir mit Roman und Elodie. Zwei Fahrradreisende aus Frankreich. Elodie liess sich für 2500 Euro die Augen lasern. Extrem preisgünstig, letzter technologische Wissensstand und top Qualität. Überlegt haben wir es uns, jedoch schnell verworfen. Wir wollten kein Risiko eingehen, mit Sonne und täglich Wind im Gesicht ist nicht zu Spassen.

Die Weiterreise führte uns über einen sehr gut unterhaltenen Radweg entlang des Nakdong Flusses ins Inland Südkoreas. Über diesen Radweg (4-Flüsse-Radweg) gelangt man von Busan bis nach Seoul. Zeltplätze mit Toiletten und Duschen sowie Fahrrad Pump- und Mechstationen sind reichlich vorhanden. Ja, diese haben teilweise bereits das Niveau von Autobahnraststätten, mit kleinen Shops und Imbissständen. Wir nennen diese Velobahnraststätte 🙂 . 

Die Koreaner fürchten die Sonne, helle Haut ist ein Schönheitsideal (dunkle Haut zeugt von Feldarbeit und signalisiert Armut). Die uns entgegen kommenden Radfahrer sind alle von Kopf bis Fuss verhüllt. Wir hätten bei knapp 30 Grad nicht nur eine Wallung geschwungen, nein wir wären kollabiert. Da in Korea die Etikette sehr wichtig ist, wird nur in den neusten und teuersten Radklamotten geradelt. Und wir staunen auch nicht selten über die Hightech-Räder welche hier ausgefahren werden. 

Der dritte Tag führte in die Berge. Wiederum erwarteten uns Anstiege mit bis zu 11%. An einem der eingelegten Rasts bergauf, wurden wir von einem Obstbauer mit Äpfel beschenkt. Ob aus Mitleid oder reiner Gastfreundschaft wissen wir nicht, ist jedoch egal. Die Koreaner sind extrem freundlich und die Gastfreundschaft wird hoch geachtet. Man respektiert das Eigentum anderer Leute und Vandalismus ist schlichtweg unbekannt. Gerade dieser Punkt gibt uns immer wieder zu Denken, beachtet man die Schäden welche in Europa durch Vandalismus entstehen. Nicht nur bezahlt der Steuerzahler die Reparatur, fast noch ärgerlicher ist, wenn man z.B. eine öffentliche Toilette benutzten will und diese dafür aber schlicht nicht mehr zu gebrauchen ist. 

Wir erreichten den Zeltplatz im Gayasan National Park verschwitz und mit müden Oberschenkeln und freuten uns auf eine warme Dusche. Bezahlen mussten wir den Hochsaisontarif (waren die einzigen Gäste), zu unserem Unglück gabs nur kalt Wasser und zum ersten Mal seit langem kamen unsere Daunenjacken wieder zum Zug. Es blies ein eher ungewohnt kühler Wind. Bereits am nächsten Tag wärmte die Sonne aber wieder vom stahlblauen Himmel. Unserer 5 stündigen Wanderung auf den GayasanPeak (1433müm) stand nichts mehr im Wege. Es waren rund 1000 Höhenmeter und das meist steil rauf und logisch wieder runter. Muskelkater war vorprogrammiert, und ja was für welchen. Die Aussicht in die sanft grüne Hügellandschaft mit den goldigen Reisterrassen war die Anstrengung aber allemal wert.

Eingebettet in dieselben grünbewachsenen Berghügeln steht die Tempelanlage Haeinsa, Aufbewahrungsort der Tafeln der Tripitaka Koreana, gegründet im Jahre 802. Das Unesco Weltkulturerbe bezeugt die Anwendung des ersten Gravur-Druckverfahrens zur Verbreitung der buddistischen Schrift. Dabei wurden die Holztafeln so raffiniert aufbewahrt, dass weder das Wetter, noch Nagetiere diesen über die Jahre etwas anhaben konnten.

Bei der Gemeindeverwaltung im letzten Ort Hwangsalli, liessen wir unser Gepäck stehen, zur Erleichterung unserer Beine, und nahmen die stündige Fahrradanreise zum Tempel „legere“ in Angriff. Schon fast per Zufall stellten wir fest, dass die Klosterküche auch für Gäste zugänglich ist. Da unsere Besichtigungszeit und unser Hunger (der eh omnipräsent ist) mit deren Essenszeit übereinstimmte (11:00 Lunch), genossen wir kostenlos ein köstliches Tempelmahl.

Die Gegend des darauf folgenden Nationalparks, Jirisan, ist bekannt für seine Wasserfälle. Wir liessen es uns nicht nehmen und planten den Besuch eines dieser Naturwunder ein. Der Wasserfall war enttäuschend, für unsere Begriffe eher ein Bergbach der sich über Steine den Weg sucht und dabei etwas plätschert. Mit uns besuchte auch eine koreanische Cargruppe diesen und machte gleich auf dem Parkplatz Mittagspause. Das war ein Gaudi. Dabei wird laute, traditionelle Musik gehört, Tische und Stühle inkl. Sonnensegel aufgestellt und feines Essen aufgetischt. Die Getränke dürfen natürlich nicht fehlen, wovon das meiste mit „Gügx“ getrunken wird. Dabei gibt es Bier, Makuli (Reisbier, 5-6%) oder Soju (klarer Reisbranntwein, 20%). Spontan landeten wir inmitten dieser Gruppe. Die darauf folgende Talfahrt war doppelt so rassant und auch nicht ungefährlich. Streifenhörnchen könnten die Strasse kreuzen, grosse Schilder warnen davor. Keine Bange uns passierte nichts dergleichen.

Die Reise von Busang bis in die Gegend Gochang dauerte 9 Fahrtage / 8 Zeltübernachtungen. Jeder einzelne Schlafplatz war ein Highlight. Wir nennen es gerne und zu Recht unser „Room with a view“. Die Temperaturen liessen es zu, meist nur das Innenzelt zu stellen und so geniessen wir die Aussicht durchs Netzfenster. Diese stellten wir meist unter eine der traditionellen Holzpavillions, welche in jeder Ortschaft stehen und von den Leuten für einen kurzen Schwatz tagsüber oder ein Picknick rege gebraucht werden. Das Gepäck und die Fahrräder stehen so dann im Freien und ungesichert. Aber Südkorea ist ein solch sicheres Land, wir hatten noch nie Bedenken.

Seit Dienstag, 26. September wohnen und arbeiten wir in Seongsong bei Mr. Choi und Mrs Lee. Da staunt ihr was! Mr Choi ist ein Gastgeber auf http://www.workaway.info. Körndle macht sich mit Holzfenster schleifen und Pädu als Elektriker an der Lichtinstallation nützlich.

Heute abend wird uns Orsi aus Ungarn mit einem Pörkölt (Gulasch und Spätzle) bekochen. Auch sie nutzt die Plattform workaway und bereist so Südkorea und Vietnam für die nächsten fünf Monate.

Unsere Weiterreise Richtung Seoul ist abhängig von der Arbeit. Ja genau! Sobald die Lichtinstallation hängt, wird wieder geradelt.

Aus Seoul werden wir wieder berichten. Seid gespannt.
Liebe Grüsse

Körndle & Patrik