(Soll soviel heissen wie „Herzlich Willkommen in Russland“, hoffen wir wenigstens)

Für die Strecke von Tallinn an die russische Grenze konnten wir uns so richtig viel Zeit lassen. Mehrheitlich radelten wir der Küste entland, was uns auch immer wieder einen hervorragenden Zeltplatz für die Nacht bot. Die Tage mit einem kühlenden Bad zu beenden ist schon hervorragend. Wenn mann beim Abendessen dann noch den Sonnenuntergang in voller Pracht geniessen kann, tendiert man bereits von einem perfekten Tag zu sprechen. Die einzige Aufregung welche wir diese Tage erlebten war, als sich nachts ein Frosch in unser Zelt schlich und Körndle ihn für eine Schlange hielt. Der Aufruhr nach hätte es aber ebenso auch ein Bär sein können. 

Die letzte Nacht vor dem Grenzübertritt gönnten wir uns ein Hotelzimmer und vor allem eine Dusche (oder zwei, drei). Schliesslich hatten wir viel gelesen und stellten uns auf eine mühsame & langwierige Prozedur bei der roten Armee ein. Da wir das Hotel breits kurz nach Mittag bezogen, schlenderte ich zum Supermarkt und kaufte an der Frischetheke was es so alles an Leckereien gab. Mit Kohlsalat, 2x Hähnchenkeule, Brot & 2 Bier machten wir es uns in unserem temporären Zuhause gemütlich. Abends gabs dann übrigens Pizza, nur um unser kulinarisches Programm abzuschliessen 🙂 .

Punkt 09:00 standen wir am 01. August an der Grenze zu Russland. Und 09:30 waren wir bereits auf russichem Boden, hatten ein Stempel mehr im Pass und dürfen uns nun 30 Tage frei im Land bewegen. Ging doch ganz flott. Mit einem netten Startpacket an Rubel in der Tasche, vielen Dank nochmals, Mam & Ton, radelten wir in Richtung St. Petersburg. 
Da der Verkehr eigentlich gut auszuhalten war (entgegen Warnungen anderer Russland-Radler) beschlossen wir den direkten Weg und damit die Hauptstrasse nach St. Petersburg zu verfolgen. 2 Tage dauert die Fahrt dahin aber trotzdem. Die Nacht schlugen wir unser Zelt nahe einem kleinen Flugplatz auf. Das nahende Gewitter zwang uns zu einem schnellen Abendessen und kündigte einen weiteren Tag Regen für morgen an. Na ja, so halt. 

Auf dem Weg nach St. Petersburg wunderten wir uns immer wieder über unterschiedliche Kilometerangaben. Als wir die Stadtgrenze im Süden passierten, wussten wir wieso. Von hier dauerte es nochmals 30km bis wir unser Lager für die Nacht erreichten. Die Fahrt durchs Zentrum führte uns bereits an fast allen nennenswerten Sehenswürdigkeiten vorbei. Und da unser Host uns erst ab 19:00 erwartete, hatten wir Zeit uns umzuschauen. Die Vielzahl an Paläste, Kirchen und historischen Gebäude ist beachtlich. Aber auch die Anzahl an militärischen Einrichtungen ist beeindruckend. 

Uns in irgendwelche Museen zu begeben, hatten wir schlicht keine Lust dazu. So bestaunten wir die „Hermitage“ und alle anderen „must-see’s“ von aussen. Wir wollen uns ja noch ein paar Sehenswürdigkeiten für’s Reisen im Alter aufheben. 

Unseren Host verbrummten wir gleich dazu uns am nächsten Abend an den Bahnhof zu begleiten, um Fahrkarten für uns und unsere Fahrräder zu besorgen. Was der arme Kerl damals noch nicht wusste ist, dass wir einen 3,5h Schalter Marathon vor uns hatten (wir wussten dies natürlich auch nicht). Also, anstehen an Schalter 1. Nach einer Stunde Wartezeit erfuhren wir, dass Schalter 1 nur Fahrkarten aber keine Gepäckkarten verkauft. Gut, wenigstens hatten wir unseren Platz im Zug. Am Schalter 2 (dieser ausschliesslich für Gepäck) war die Schlange noch etwas länger. Als unser russischer Freund der guten Dame unser Anliegen (Fahrrad in den Zug und so) erklährte, schloss diese gleich den Schalter für 15min Pause. Super. Zu ihrem Pech standen wir nach 15min immer noch da, mit immer noch denselben Anliegen. Nun war der Supervisor gefragt. Dann wurden Ordner durchgeblättert, im Computer herumgetöggelt, intensiv gesprochen und ich vermute auch leise etwas geflucht. Aber, nach 3,5h hatten wir folgende Ausbeutung:

– Fahrkahrten 3kl. im Schnellzug von St.Petersburg nach Moskau

– Fahrkahrten 3kl. im Zug Moskau – Irkutsk inkl. Billette für die Fahrräder 

– Fahrkahrten 3kl. Ulan Ude – Vladivostok (Für die Räder besorgten wir uns Tickets in Moskau)

Bereits am nächsten Tag erfuhren wir von einem Warmshower Host in Moskau, dass man in den Schnellzügen keine Fahrräder mitnehmen kann, schon gar nicht mit so viel Gepäck wie wir es haben. Hmm, also wieder hin zum Bahnhof, diesmal ohne russichen Dolmetscher und Fahrkarten tauschen. Nach 1h hatten wir nun einen Nachtzug und Tickets für unsere Räder. Ging doch, zeigt aber, dass man hier mit dem Fahrrad doch ein Alien ist. 

Im besagten Nachtzug hatten wir dann irgendwie 2kl. und das heisst ein Schlafabteil zu viert. Unter uns zwei flotte, junge Männer, die ins Militär nach Moskau gingen (oder in den Krieg mit den Ukrainen, so genau haben wir uns nicht verstanden). Leider hatte einer der Beiden panische Angst vor dem Schlafen, half sich mit Vodka und Zigaretten über die Runde, was bei uns ein gewisses Unwohlsein auslöste (nebst einem ziemlich unruhigen Schlaf). Am nächsten Morgen verabschiedeten uns die beiden, als ob sie nur Wasser getrunken hätten. 

Moskau. Endlich waren wir in der russischen Metropole angekommen. Wir gesellten uns zu den anderen Touristen auf den roten Platz und stellten uns vor, wie es Mathias Rust erging, der vor 30 Jahren mit dem Flugzeug hier landete. Wir besuchten den Kreml, trampelten auf Putins Rasen herum (obschon der grossen Verbotsschilder, hi hi hi) und schlenderten durch die Gassen der Innenstadt. Doch so richtig warm wurden wir mit der Stadt nicht. Die Stadt-Russen sind sehr auf Etikette bedacht und zeigen gern was sie haben. Nicht ganz unsere Welt. Da fühlten wir uns in unserem kleinen aber feinen Hostel viel wohler, zwischen Aserbaijaner, Nepali und anderen Reisenden. 

Am 09.08. um 00:35 bestiegen wir Wagen Nr.6 im Zug Nr.44 der Transsibirischen Eisenbahn, welche uns in 4 Tagen nach Irkutsk bringen soll. 4 lange Tage eingeschlossen in einem Wagon mit 52 Anderen, 2 Toiletten und einem Heisswasserspender. 

Was es da so alles zu berichten gibt, lest ihr in unserem nächsten Blog. 

Lieber Gruss

Körndle & Patrik