Mein Flug nach Honolulu verlief reibungslos. Ich kann meine/unsere positive Erfahrung mit Air Asia nur unterstreichen. Effizientes Check-in, 1.5kg Übergewicht beim Fahrrad, kein Problem. Da können grössere und teurere Airlines noch viel lernen. 

Nun, angekommen in Honolulu wollte ich eigentlich das Fahrrad gar nicht erst auspacken, sondern mich auf den öffentlichen Verkehr verlassen. Bereits vor Abflug aber, fand ich heraus, dass die Busse in Hawaii keine grossen Gepäckstücke transportieren. Also keine Fahrradboxen, aber auch keine grossen Koffer. So baute ich schlussendlich mein Velo doch zusammen und radelte die gut 20km durch die Stadt zu meinem nächsten Gastgeber.

Ich war schockiert beim Anblick der vielen Obdachlosen, die sich im Zentrum von Honolulu herumtreiben. Junge, ältere, native Hawaiianer und zugewanderte Amerikaner, Mann, Frau, alle auf der Suche nach etwas Geld, zu Essen oder einfach die Zeit totschlagen. Und so wurde ich auch gleich mehrmals gewarnt, ein Auge auf meine Habseligkeiten zu haben. Gerade das Fahrrad sei ein Objekt der Begierde. Nach 3 Monaten Japan, wo ich mein Fahrrad mit all meinen Sachen unbeaufsichtigt vor dem Supermarkt stehen lies, ohne geringste Bedenken, war dies hier ein riesen Schock für mich! Welcome to the USA.

Aber ich muss auch sagen, die Magie von Waikiki Beach wirkt immer noch. Angekommen am Strand der Strände, identifiziert man sich sofort als Surfer, Badender oder Sonnenanbeter. Den Strom knippsender und gaffender Asiaten, die Honolulu jährlich besuchen und die auch hier anwesenden Homeless, vergisst man sofort beim Anblick von Strand, Meer und Palmen. Das Wasser so blau wie der Himmel und auf den schäumenden Kronen der Wellen reiten die braun gebrannten Surfer. Klische pur. 

So verbrachte ich die ersten 3 Tage auf Hawaii mehrheitlich in Waikiki, wo auch mein vorübergehendes Zuhause war. Morgens joggend auf den Diamond-Head Vulkankegel und abends die Bars unsicher machen mit meinem Gastgeber Johnny. Ich war angekommen im Paradies. 

Ein obligatorischer Besuch von Pearl Harbour durfte bei meinem Hawaii Aufenthalt aber auch nicht fehlen. 

Mein nächster Gastgeber, Daniel, haust im Ort Kaneohe, auf der Ostseite der Insel Oahu. Der samstagliche Ausflug mit dem Fahrrad, welcher er organisiert, gab mir die Gelegenheit mich mit Daniel auf der Südspitze der Insel zu treffen und die Schönheit dieser Gegend zu erfahren. Rauh und zerklüftet präsentiert sich die Küste, dazu weht einem der Wind ins Gesicht und nur wenige Badehungrige suchen diese Seite der Insel auf. Dafür sind die Wellen im Sommer hier unten „the place to go“ für Surfer. Der Norden mit bekannten Namen wie „the North Shore“ und „Waimea Bay“ sind im Sommer flach wie ein Pfannkuchen. 

Im Inneren der Insel stauen sich die Wolken am Vulkanrand und lassen immer wieder mal einen Schauer fallen. Wandert man durch die dichten Wälder, verwandelt sich der Weg nicht selten in eine Schlammpiste und man kriegt immer mal wieder ne „warme“ Dusche. Aber die Aussicht welche einem erwartet wenn man etwas Höhenmeter macht, ist die Anstrengung wert. 

Natürlicht wollte ich den Norden der Insel auch noch sehen. Und so radelte ich von Daniel über die Ostseite hoch zu den bekannten Surfspots. Endlich stand ich an den Orten, welche unzählige Male in den Surffilmen erwähnt wurden, welche mich in meinen jungen Jahren immer wieder träumen liesen.

Die letzte Nacht verbrachte ich nochmals in Honolulu, bevor mein Flug in Richtung Anchorage, Alaska abhob. Gestartet um Mitternacht, sollte dies das letzte Mal sein, für lange Zeit, dass es dunkel wird.

ALASKA!!! Schon rein das Wort hat eine magische Ausstrahlung. Was verbindet man doch nicht alles mit diesem Namen. Kälte, Eis, Bären, Elche, unendliche Wälder, intakte Natur und eine im Sommer nie untergehende Sonne. 

Anchorage ist warscheindlich die Stadt, die am wenigsten wie eine Stadt auf einem wirkt. Ausgestreckt und langezogen, muss man die einzelnen Häuser im grünen Meer von Bäumen richtiggehend suchen. So fand ich die schönsten Fahrradwege bereits beim Pendeln vom Zentrum zu meinem Gastgeber. Dabei beobachtete mich nicht selten ein Elch oder ein Eichhörnchen. Nur die anscheinend ebenfalls in der Gegend vorhandenen Bären bekam ich nicht zu Gesicht.

Genau aber wegen Meister Petz wollte ich mich für die Weiterfahrt hier ausrüsten. Bärenspray, einen Seesack und ein Seil um meine Lebensmittel sicher in einen Baum hängen zu können, sind Pflicht in Alaska. Hinzu kam ein neues Paar Veloschuhe (denn nach Japan fand ich endlich meine Schuhgrösse wieder) und ca. 10kg an Lebensmittel. Verlässt man einmal die Stadt, findet man nur noch Tankstellenshops und überteuerte Preise. Zu meinen neuen Schuhen erhielt auch mein Fahrrad ein Satz neuer Finken. Die guten alten Schwalbe Marathon Reifen, welche wir in der Schweiz aufgezogen haben, hatten nach gut 16’000km nun ausgedient. Wobei ich erwähnen muss, dass ich keinen einzigen Platten zu verzeichnen hatte! Danke Schwalbe. 

Ready für das grosse Abenteuer, verlies ich Anchorage auf dem Park Highway in Richtung Norden. Ein Fahrradweg führt bis weit aus der Stadt und danach radelt man bequem auf dem breiten Seitenstreifen abseits vom Verkehr. Für die folgende Nacht hatte ich mich bei einem weiteren Warmshowers Gastgeber im Ort Willow angemeldet. Die gute Dame (wurde vor ein paar Wochen gerade 70ig) wohnt in einem grosses Haus mitten in der Prärie, zusammen mit ca. 15 Schlittenhunden. Und dessen Dressur ist auch gleich ihre Lebensaufgabe. Als ich meine Ankunft per Telefon anmeldete, sagte sie mir, dass ein weiteres Paar Tourenfahrer aus Australien bereits bei ihr wäre. Wie sich später herausstellte, waren die beiden nicht aus Australien sondern Sie aus Österreich und Er aus der Schweiz. Und es tat gut, sich wiedermal auf Schweizerdeutsch zu unterhalten.

Am nächsten Tag ging es für mich aber trotz Regen wieder weiter. Die Wettervorhersage war leider alles andere als blendend und ich war mir bewusst, dass wenn ich noch ne Nacht bleibe, im Komfort eines eigenen Zimmers mit Zugriff zur Küche und all den Leckereien, ich hier für ein paar Tage stranden würde. Nicht dass ich nun plötzlich unter Zeitdruck stehe, aber die Weiterfahrt ist noch lange, bis ich die „Lower 48“ (wie die Alaskaner die restlichen Staaten nennen) erreichen würde. Der anhaltende Regen aber nagte und nagt leider immer noch an meiner Motivation. Da ich mein Zelt in dieser Nacht nicht im Nassen aufstellen wollte, quartierte ich mich kurzerhand in einem Toilettenhäuschen ein. Da in den USA alles immer grosszügig gebaut wird, fand ich ausreichend Platz für eine gute Nacht.

Im Denali Nationalpark zeigte sich das Wetter dann wieder von seiner guten Seite. Zusätzlich ausgerüstet mit einem Bärenkanister und einer Bewilligung zum frei Zelten im Park, veliess ich das Besucherzentrum und radelte auf der für den motorisierten Individualverkehr gesperrte Strasse in den Park. Was erwartet mich wohl hier? Stehen die Bären schon Schlange für einen saftigen Radfahrer aus Europa? Oder schliessen die Elche bereits Wetten ab, wer mich als erster vom Rad fegt?

Es war ne pure Freude, auf der nicht asphaltierten Strasse durch die einmalige Landschaft des Denali NP zu radeln. Ein paar Elche schauten neugierig aus dem Gebüsch, diesen lässt man aber in sicherer Distanz genügen Spielraum. Ansonsten begrüssten mich immer wieder mal ein Erdmännchen, ein Hase oder ein Vogel zwitschernd von einem Ast. Nicht mal die offiziellen Tourenbusse und der aufgewirbelte Staub vermochten die Stimmung zu trüben. Bären sah ich nur 3, eine Mutter mit 2 Jungen aus sicherer Distanz von der Strasse. 

Der Weg in den Park ist eine Sackgasse, wobei man an dessen Ende den Gipfel des Denali (auch McKinley gennant) sieht. Mit 6190müm ist dies der höchste Berg in Nordamerika und gehört zu den 7 Summits. Die Gipfelkrone verbergte sich in den Wolken aber das Massiv lies die Mächtigkeit dieses Berges erahnen. Und so verlies ich den Park nach 2 Nächten wieder um auf dem Denali Highway endlich die Reise in den Osten und somit die Heimreise anzutretten.

Lieber Gruss,

Patrik