Der Denali Highway ist eigentlich die alte Zufahrtsstrasse zum Nationalpark. Da schon länger nicht mehr im Gebrauch für diesen Zweck, ist die Schotterpiste im Winter nicht befahrbar. Und anscheinend wurde der Highway erst kürzlich für 2018 geöffnet. So war fast kein Verkehr unterwegs. 

In der ersten Lodge wo ich anhielt um ein Kaffee zu trinken, wurde mir dieser, als ich meine Geschichte von der Reise erzählte, sogar spendiert. Der zweite Kaffee gabs am nächsten Tag, als ich für einen Autofahrer mit Reifenpanne, Hilfe in der nächsten Lodge holte.

Mit dem Asphalt kam leider auch der Regen wieder und so verschwand die schöne Umgebung in einem Meer aus Wolken und Nebel. Sollte man meinen, dass bei solchem Wetter die anderen Verkehrsteilnehmer die Augen nur noch auf der Strasse haben. Aber weit gefehlt. In einem kurzen Anstieg überholte mich ein Töfffahrer, dann schäpperte es hinter mir und kurz darauf wurde ich (auf dem Fahrrad) von hinten angeschoben. Der zweite Töfffahrer (des Ersten sein Sohn) hatte mich wohl nicht gesehen, sich dann mächtig verbremmst, was ihn vom Töff warf und dieser schlitterte dann in mein Hinterrad. Mir und meinem Rad ist nichts passiert, denn der Anstupser war wirklich nur leicht. Der Töfffahrer schien auch wohlauf zu sein, einzig seine Maschine blutete viel Öl. Kurz gechecked, dass alle und alles ok ist, und schon radelte ich wieder weiter. 

Abends am selben Tag wurde der Regen dann immer stärker. Und so entschloss ich mich, bei der nächsten Lodge einen Kaffeehalt einzulegen um meine Situation zu überdenken. Als mich die Besitzerin der Lodge erblickte, meinte sie, da wäre ein altes Häuschen, welches sie Fahrradfahrer gerne kostenlos für die Nacht zur Verfügung stellt. Super, was will man noch mehr. Als Gegenleistung genoss ich einen leckeren Hamburger im Restaurant und verschlich mich dann in mein gemütliches (aber von Mücken bewohntes) Zuhause. 

Tags darauf nächtigte ich bei Megan, welche mir über warmshowers ein Bett anbot. Als sie mich in Tok abholte, erblickte ich als erstes ein (wohl geladenes) Gewehr in ihrem überdimensionierten Pickup-Truck. Hmmm, willkommen in Amerika. Und als ich abends noch einen schlechten Spruch über Trump fahren lies, war irgendwie Eiszeit zwischen uns. 

Beim Einkaufen für die Weiterreise traf ich auf Johannes aus Berlin. Er ist unterwegs von Alaska nach Ushuaia, was ihn etwa 2 Jahre dauern wird. Gemeinsam radelten wir die nächsten 4 Tage von Tok weiter nach Haines Junction. Ich war froh, wiedermal in Gesellschaft zu radeln, zumal das Wetter immer noch sehr unbeständig war. Zudem waren wir so zu Zweit beim Campen und besser gerüstet gegen etwaige Bären. Nebst dem, braute Johannes jeden Morgen leckeren Kaffee auf seinem Kocher 🙂

Bereits Tage vor Ankunft wurde uns in Hanes Junction eine Bäckerei empfohlen, die Freitag abends immer live Musik hat. Und so steuerten wir direkt zur Village-Bakery. An diesem Freitag war ein lokales Duett mit Violine und Gitarre auf der Bühne. Aber irgendwie interessierte die Musik niemand so wirklich und überall wurde lauthals Kommuniziert und Argumentiert. Als die Show zu ende war, fragten wir den Besitzer nach einem Platz um unser Zelt aufzustellen, worauf dieser uns seine Gaststube mit Zugang zur Toilette anbot.

In Whitehorse nahmen mich Richard und Tammy für 3 Tage auf. Und diese Ruhetage brauchte ich, um meine Batterien wieder aufzuladen. Denn seit Anchorage fahre ich gut über 100km jeden Tag. Ein bequemes Bett, leckeres Essen und ein Bierchen am Abend, halfen mir schnell wieder auf die Beine. So ging die Reise weiter über den White-Pass (873müm) nach Skagway, wo ich am 4.Juli eintraf.

Skagway ist bereits wieder Alaska und so waren viele Aktivitäten zum Nationalfeiertag im Gange. Aktiv teilgenommen habe ich beim Torten-Wettessen (ohne Gebrauch der Hände) und beim Slow-Bicycle-Rennen, wo es darum geht die Distanz zwischen 2 Linien möglichst langsam zu bewältigen. Das Erste war lecker und das Zweite fun.

Zudem ist Skagway einer der grossen Hafen für Kreuzfahrtschiffe. Am 4.Juli waren so nebst den ca. 700 Heimischen, ungefähr 11’000 Kreuzfahrttouristen im Ort unterwegs. Als abends die grosse Menschenmenge wieder verschwand, wurde die Musik hochgefahren, der Zapfhanen geöffnet und das Tanzbein geschwungen. Irgendwie war ich grad froh, dass meine Fähre verspätet war.  

Diese sollte mich von Skagway über den Alaskan Marine Highway runter bis nach Prince Rupert bringen. Und die Fahrt war der absolute Hammer! Zwar gings schlussendlich erst mit 8h Verspätung los, aber bei schönstem Wetter und mit super Aussicht auf die umliegenden Berge und Gletscher. Und Anfang Juli reisen die meisten Touristen noch vom Süden in den Norden und so hatte es jede menge Platz an Bord. Mit dem günstigsten Tarif hat man Anrecht auf einen Liegestuhl auf Deck, welcher bei schlechtem Wetter unter ein beheizbares Dach geschoben werden kann. In meine Fall aber schlief ich gerne unter dem Himmelszelt. 

Von Prince Rupert radelte ich nach Terrace zu meinem nächsten warmshowers Host. Angekommen hatte ich gerade mal Zeit für eine kurze Dusche, bevor es leckeres, indisches Abendessen gab und wir kurzdarauf zu Kollegen radelten um mit einem Bier in der Hand Kirschen von 2 prall gefüllten Bäumen zu lesen. Unnötig zu sagen, dass bei mir die meisten Kirschen nicht im Behälter landetet 😉

In Terrace wechselte ich auf den Zug um mich bis nach Prince George chauffieren zu lassen. So sparte ich nochmals ein paar Tage, welche ich lieber in einem der vielen Nationalparks verbringe. Aber auch die Bahn ist hier nicht wirklich zuverlässig. So erreichten wir Prince George mit einer Verspätung von 2.5h. 

3 Tage später stand ich in Jasper, Alberta und am Anfang des bekannten Icefield Parkways. Mit 2 Pässen über 2000müm, sollte mich der Parkway wieder in die Höhe bringen. Die Anstiege waren aber sehr human, oder jedenfalls empfand ich dies so, denn die Umgebung war einfach wiedermal atemberaubend. Krönung war der Blick auf das Columbia Eisfeld, das grösste Eisfeld Nordamerikas. 

Über Lake Louise gings auf dem Trans Canadian Highway (TCH) Richtung Westen und somit zurück an die Küste. Und auf dem TCH hatte mich der Verkehr auch wieder im Griff. Grosse LKW’s und Wohnmobile welche mehr einem Reisecar gleichen, donnern ungebremmst an einem vorbei. Zum Glück hats für Radfahrer einen breiten Seitenstrefen. Eh, die Menge an Güter welche in Kanada auf der Strasse oder Schiene transportiert wird ist unglaublich. Jeder Güterzug umfasst mind. 3 Loks und gut 100 Wagons. Wartet man an einem Übergang, dauert das ganze gerne mal 10min. Und meist sind es Schiffscontainer, Holz oder Aushub aus einer der unzähligen Minen in Kanada was daher kommt. 

Waren die Tage oben im Norden eher von kühlem, regnerischen Wetter bestimmt, hatte mich der Sommer und die Hitze ab nun im Griff. Mit der Trockenheit kamen auch die ersten Waldbrände welche den Südwesten Kanadas jedes Jahr heimsuchen. Auf meiner Route blieb ich aber glücklicherweise davon verschont. 

Mit der Nähe zum Okanagan Tal waren ab nun die Einkaufsläden wieder gefüllt mit frischen, saisonalen Früchten und Gemüse. Mit seinem milden und trockenen Klima gilt das Tal als grösste Wein und Frischprodukte Region von British Columbia. Dazu liefern die unzählige Seen das Wasser für die Bewässerung oder bieten excellente Naherholung für gestresste Städter.

Über Nebenstrassen (Highway 99 ab Kamloops) erreichte ich Whislter und Vancouver, wo ich mich für ein paar Tage bei Conny und Mätt (zwei Kollegen aus der Schweiz) niederlassen darf. Und so geniesse ich zurzeit wiedermal ein paar Tage ohne Radeln, dafür mit viel Essen. 

Diesen Bericht möchte ich meiner Tante Hanny widmen, die vor ein paar Tagen ihre letzte Reise angetretten hat. Eine Reise in eine Welt, unbekannt der Wissenschaft, unerforscht von moderner Technologie und unermesslich für den menschlichen Geist. 

In Gedanken an die Familie, lieber Gruss, 

Patrik