Bereits ein paar Wochen zum Voraus haben wir diesen Abstecher nach Hongkong geplant. Schliesslich mussten wir ja Flugtickets organisieren und diese sind bekanntlich günstiger im Voraus (oder gratis im Nachhinein).
Die Idee unsere Reiseroute zu verlassen, die Fahrräder für ein paar Tage zu parkieren und nach Hongkong zu fliegen hatten wir um die dort lebende Burgdorfer Delegation zu besuchen. Zudem kam es uns gelegen, dass wir ein paar dringend benötigte Sachen an eine uns vertraute Adresse schicken lassen konnten.
Bei Michael, unserem netten Gastgeber in Kunming, durften wir die Velos und das meiste unseres Gepäcks für ne Woche einstellen. Nach einem gemütlichen Abend (Körndle bekochte uns und wir Mannen kümmerten uns ums Bier), mussten wir am nächsten Morgen bereits um 4:00 aus den Federn. 07:45 war Abflug.
Hongkong präsentierte uns an diesem Morgen mit einem Mix aus Wolken und Sonne. Noch am Flughafen bezogen wir unsere Octopuskarten (el. Zahlungsmittel für Metro, Bus und kleine Beträge in Shops) und stiegen in den Bus Richtung HK Island. 40min dauerte die Fahrt, entlang am Meer, an Wolkenkratzern und an viel Wald. Ja, Hongkong ist wohl einer der dicht besiedelsten Orte der Welt, jedoch ist man fast von überall innert kürzester Zeit im Grünen. Der längste Wanderweg geht über 100km und man bewegt sich konstant ausserhalb der Stadtgrenze.
Nun, was noch wichtig zu erwähnen ist, obschon Hongkong seit 1997 zu China gehört, gelten hier eigene Spielregeln. Z.b.braucht man als Europäer kein Visum, bezahlt wird in Hongkong Dollar und die offizielle Sprache ist Kantonesisch. Anders herum aber, reist man aus China nach Hongkong, verliert das China Visum seine Gültigkeit. Da wir nur ein „single entry“ Visum für China hatten, bedeutete dies, wir müssen in HK ein neues lösen.
Angekommen auf der Insel, quartieren wir uns erstmal bei unserer Gastfamilie, Chloe und Jacques ein. Nachdem unsere hungrigen Bäuche gefüllt waren, machten wir uns auf, die Stadt zu entdecken. Ab ins doppelstöckige Tram und auf nach Causeway Bay, schliesslich haben wir ein grosse Shoppingliste mit nach Hongkong genommen. Im Gegensatz zu China sind hier die Importzölle viel tiefer, was ausländische Ware erschwinglich macht. Nur der Tag und Ort war die falsche Wahl unsere Shoppingtour zu starten. Die vielen Leute erdrückten uns fast und schnell hatten wir die Schnauze gestrichen voll, sodass wir wieder zurück in unser neues Zuhause zottelten.
Montag morgen war Visum Tag. Gemeinsam mit unseren Gastgeber standen wir auf (7:30), sie an die Arbeit und wir auf in die Chinesische Botschaft. Da wir auf nummer sicher gehen wollten, besorgten wir uns vorab Kopien aller erdenklichen Dokumente. Einmal in der Botschaft, warteten wir ca. 1.5h bis uns ein Schalter zugewiesen wurde. Hierzu ist anzumerken, draussen war es sommerlich warm, drinnen aber sibirisch kalt. So schlotterten wir in Shorts und T-Shirt wartend vor uns hin. Einmal am Guichet nahm die Unfreundlichkeit in Person unsere Papiere entgegen, blickte kurz darauf, schmiss uns das ganze wieder entgegen und meinte nur kurz „Namen fehlen auf der Hotelbuchung und wo ist der Rückflug (aus China)?“ Aber wir reisen doch Überland! Keine Diskussion, nächster bitte. Ups, was nun.
Das mit der Hotelbuchung war easy, einfach einen neuen Ausruck besorgen, erledigt. Wo nehmen wir aber eine Flugbuchung her, die wir so nicht machen werden?! Wir hatten die Idee, ein Zugsbillett bis an die Grenze zu lösen. Kosten 3CHF p.P. nicht so tragisch wenn wir die verfallen lassen.
Am Nachmittag Runde N°2 auf der Botschaft. Natürlich wieder 1,5h warten. Mit der Dame hinter dem Schalter hatten wir nun etwas mehr Glück. Nur auch die wollte uns kein Visum geben ohne Rückflugbestätigung. Oh, je, werden wir unsere Räder jemals wiedersehen? Beim Abendessen erzählten wir Jacques und Chloe von unserer Misere. Jacques meinte nur, wieso nicht einen fiktiven Rückflug vorweisen? Gesagt getan, kopierten wir das Dokument von unserem Hinflug, änderten das Datum und schon hatten wir unsere Bestätigung.
Dienstag 09:00 zurück auf der Botschaft. Da Wartezeit hielt sich diesmal in Grenzen. Überzeugt, dass wir alle Dokumente vorweisen können, traten wir an den Schalter. Erste Frage: Wo ist der Ausreisestempel von eurem Aufenthalt in der Türkei? Was, wie, wo nun?! Was spielt hier die Türkei für ne Rolle??? Aber gut, Leute hinter der Scheibe einer Botschaft haben natürlich immer Recht. Also einmal erklärt, dass das verschmierte Ding neben dem Einreisestempel der Ausreisestempel ist, ging die Fragerei weiter. Was habt ihr in der Türkei gemacht? Wieso habt ihr ein Jahr Urlaub? Wo geht die Reise sonst noch hin? Wie finanziert ihr das? Ihr kommt doch aus Kunming, wieso fliegt ihr dahin zurück? usw. Die ganze Fragerei brachte uns ziemlich aus dem Ruder und obschon unser Dossier angenommen wurde, waren wir überzeugt, dass wir am Freitag einen negativen Bescheid entgegennehmen werden und so nicht wieder nach China zurückreisen können.
Dies hat uns natürlich den ganzen Tag versaut. Wir schlenderten noch etwas lustlos durch die Läden und versuchten uns von den negativen Gedanken abzulenken. Draussen regnete es nun in Strömen, was auch nicht gerade hilfreich war um unsere Stimmung aufzuhellen. Erst am Abend, als wir zu viert beim Inder um die Ecke speissten, konnten wir die Misere etwas vergessen.
Am Mittwoch wechselten wir Gastgeber. Die neue Bleibe war in Sai Kong, etwa eine Stunde mit dem Bus aus der Stadt. Wir haben diesen Ort gewählt, da hier ein paar super schöne Wanderungen starten und zudem die besten Strände von Hongkong anzutreffen sind. Leider war das Wetter an diesem Tag immer noch regnerisch und so verbrachten wir die meiste Zeit irgendwo drin.
Unser neuer Gastgeber überraschte uns mit einer Flasche Wein und französischem Brie. Wow, genau das was unsere Seele nun braucht. Als am nächsten Tag uns auch noch die Sonne vom Himmel lachte, war die Welt wieder in Ordnung. Unserer Wanderung stand nichts mehr im Wege. Zudem trafen wir am Abend meine Kollegen und wie es sich gehört unter Schweizern die fern der Heimat sind, man geht ins Swiss Chalet und bestellt ein Fondue! Gut, in der Schweiz würde der Koch wohl nicht mehr lange dort arbeiten aber für ein Fondue gute 10’000km ab der Heimat war es ganz ok. Wichtiger war die gute Gesellschaft. Und wir erhielten ein Stück Appenzeller und eine Tafel Nussschokolade frisch importiert aus der Schweiz. Was will man da noch mehr.
Freitag war Tag der Wahrheit. Zurück bei der Botschaft ging nun alles sehr schnell. Wir beide am Eingang, nur einer darf rein, ich hoch, 3. Stock, Schalter 1, Quittung abgeben, 400HK$ bezahlen, Schalter 2 Pässe entgegennehmen und wieder raus. Alles ging so schnell, ich hatte nicht einmal Zeit nervös zu werden. Das Beste aber, wir hatten unser neues China Visum 🙂🙃🙂.
Am Samstag wechselte das Wetter wieder auf Sturm. Zum Glück luden uns Jacques und Chloe nochmals zu sich ein und wir wurden mit einer Tartiflette (Käseauflauf) und einer Flasche Weisswein verwöhnt.
Am Flughafen kam aber nochmals Nervosität auf, als der Mann am Check-in Schalter nach dem Rückflug fragte. Da wir den fiktiven Rückflug mit der selben Airline getrickst hatten wie unser regulärer Flug, konnte wir hier natürlich nicht schwindeln. Also tischten wir ihm die Wahrheit mit der Überlandreise auf. Darauf hin mussten wir einen Zettel unterschreiben wo draufstand, dass die Airline nicht verantwortlich gemacht werden kann, wenn uns der Zoll bei der Landung in Kunming abweisen sollte. Ok, langsam machten wir uns über solchen Schwachsinn keine Gedanken mehr. Und auch diesmal sollten wir Recht behalten. In Kunming fragte keine Sau nach irgendwelchen Rückflügen oder sonstigen Papieren. Es war spät, alle wollten nach Hause, wir hatten ein gültiges Visum, also Stempel rein und adios amigos.
Müde aber glücklich fielen wir bei Michael ins Bett.
Wie es weiter geht, erfährt ihr im nächsten Bericht.
Liebe Grüsse,
Körndle & Patrik
5. Dezember 2016 at 19:26
Eben haben wir euren Honkongkrimi gelesen, und festgestellt, dass ihr schicksalshafte Tage erlebt habt. Aber offensichtlich verfolgt euch das Glück weiter, was uns sehr beruhigt. Ganz herzliche Grüsse Liselotte und Paul
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6. Dezember 2016 at 14:55
… immer nur lächeln …! (oder es wenigstens so sehen!)
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8. Dezember 2016 at 13:51
Phu.. Das muesch drü mou läse und chunsch immer no ned noche. Eg wär äuä gäng no am Schauter. Gueti witerreis.
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19. Dezember 2016 at 17:13
Hi Patrik,
I thought of you since I was going to Bern in January to incorporate our company in Switzerland. I remembered you were somewhere around the world and found your site again. Its nice to see your adventures have taken you as far as HK and now back in Kunming. Lots of greets and a lot of fun in the journey ahead!! Can’t believe its been close to a year already!
Rohit
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